Montag, 10. März 2008

Gott schütze die Dominikanische Republik

Santo Domingo.- Überraschendes Ende des Gipfeltreffens der Rio-Gruppe in der Dominikanischen Republik: Nach harten Auseinandersetzungen reichten sich die Präsidenten von Ecuador, Rafael Correa, Kolumbien, Álvaro Uribe, und Venezuela, Hugo Chávez, die Hand und erklärten die seit einer Woche anhaltende Auseinandersetzung zwischen den drei südamerikanischen Ländern für beendet. Zuvor hatte Uribe um Entschuldigung für das illegale Eindringen auf ecuadorianisches Hoheitsgebiet gebeten und sich verpflichtet, nicht wieder die Grenzen eines der Nachbarländer zu verletzen. Auch Nicaraguas Präsident Daniel Ortega schloß sich dem Händedruck an, obwohl es nicht gelungen war, die Differenzen zwischen seinem Land und Kolumbien beizulegen.

"Durch den Dialog ist es gelungen, diesen sehr schweren Konflikt zu überwinden. Gott schütze die Dominikanische Republik, Gott schütze diesen treuen Bruder, das kolumbianische Volk, Gott schütze Ecuador, Gott schütze Lateinamerika", freute sich Rafael Correa nach dem bewegenden Augenblick. "Das war eine Entschuldigung ohne Wenn und Aber durch Kolumbien und es gibt ein Dokument, in dem es die Verpflichtung eingeht, nie wieder ein Bruderland anzugreifen", fügte der ecuadorianische Präsident hinzu.

Zuvor hatte Kolumbien anerkannt, dass es tatsächlich die ecuadorianische Souveränität verletzt hatte und den Nachbarn um Entschuldigung für das illegale Eindringen auf sein Staatsgebiet gebeten. Die Regierenden vereinbarten offiziell, dass sich solche einseitigen Aktionen nicht wiederholen sollen, sondern dass dem Dialog und der politischen Verständigung der Vorrang gegeben werden soll. Uribe konnte von den Staatschefs aus ganz Lateinamerika, die praktischa alle das Verhalten der Regierung in Bogotá kritisiert hatten, zur Bildung einer Gruppe befreundeter Staaten bewegt werden, die als Vermittler für ein humanitäres Abkommen in Kolumbien wirken sollten. Kolumbien verweigert auch weiter die Anerkennung der nicaraguanischen Souveränität über die Inselgruppe von San Andrés. Trotzdem erklärte Nicaraguas Präsident Daniel Ortega, der Abbruch der diplomatischen Beziehungen sei nun gegenstandslos geworden.

Wie der lateinamerikanische Nachrichtensender TeleSur berichtet, war für den überraschend positiven Ausgang des Gipfeltreffens vor allem die Haltung des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez entscheidend. In seinem Redebeitrag hatte sich Chávez von den aufgeheizten Redebeiträgen des Tages abgesetzt und zur Versöhnung und Besinnung aufgerufen, um die regionale Stabilität nicht zu gefährden. "Der Konflikt ufert aus, seht die Bedrohung, die das für den Frieden, für die Region bedeutet", warnte Chávez und fuhr fort: "Suchen wir den Weg des Friedens, weg von der Möglichkeit weiterer Kriege".

Damit hatte Chávez den ersten Schritt raus aus der Krise getan, ohne inhaltlich Standpunkte aufzugeben: "Dahinter steckt die US-Regierung, das Kriegstreiben des Imperiums, man muß das so sagen. Es gibt ein Interesse des kriegerischen Flügels der US-Regierung, dass dieser Krieg nicht endet", kritisierte er mit Blick auf den seit Jahrzehnten andauernden Bürgerkrieg in Kolumbien.

Sowohl Chávez als auch Correa betonten in ihren Reden, dass die Anschuldigungen Kolumbiens über angebliche Beziehungen zur FARC falsch seien und ihre Beteiligung an humanitären Initiativen immer auf Bitten kolumbianischer Präsidenten zurückgegangen war. Chávez sagte, dass ihm auch im Falle schwererer Anschuldigungen noch nie jemand angedroht habe, ihn vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen, "ohne einen einzigen Beweis in der Hand" zu haben. Der venezolanische Präsident betonte, dass er die Guerrilla nicht für Terroristen halte. Es seien "aufständische Bewegungen, die den Status kriegführender Parteien haben sollten".

"Was ich zu finanzieren geholfen habe waren wirtschaftliche Aktivitäten in Kolumbien", sagte Chávez und erinnerte an die internationale Gaspipeline, die 1,5 Milliarden Dollar gekostet hatte und Ende vergangenen Jahres gemeinsam von Chávez, Correa und Uribe eingeweiht worden war.

Nach den mehrstündigen Auseinandersetzungen bekam das Gipfeltreffen eine unerwartete Wendung und schließlich seinen positiven Ausgang, als der Gastgeber des Gipfels, Leonel Fernández, Präsident der Dominikanischen Republik, den versöhnlichen Ton von Chávez' Rede nutzte, um die Länder Südamerikas dazu aufzurufen, den Geist der Versöhnung in die Tat umzusetzen. "Hier wollen alle Frieden, hier wollen alle mit Kolumbien, mit Ecuador, mit Venezuela, mit allen zusammenarbeiten, damit wir tatsächlich in den besten Beziehungen zueinander leben können, in harmonischen, herzlichen, freundschaftlichen Beziehungen", sagte er. Daraufhin erhob sich Uribe und reichte Correa die Hand. Dann durchschritt er den großen Saal des dominikanischen Außenministeriums und reichte auch Chávez die Hand, während alle anderen Anwesenden Beifall klatschten.

Correa dankte "zwei besonders bewundernswerten Frauen, die für mich ein lebenslanges Vorbild sein werden": der kolumbianischen Senatorin Piedad Córdoba und der Mutter von Ingrid Betancourt, Yolanda Pulecio, die zu dem Treffen hinzugekommen waren.

"Hier gibt es nur einen großen Verlierer: die United States of America", sagte Chávez nach dem Ende des Gipfels. Die US-Regierung habe ein Ende der Integration des amerikanischen Kontinents angestrebt und sei damit gescheitert. Er kündigte an, die Wirtschaftsbeziehungen mit Kolumbien wieder aufzunehmen und einen Abzug der verstärkten Truppen an der Grenze zu Kolumbien zu prüfen. Das bei dem Gipfeltreffen erreichte Abkommen sei "historisch", da alle Mitgliedsstaaten der Rio-Gruppe sich verpflichtet haben, künftig kein benachbartes Gebiet mehr zu verletzen. Er rief dazu auf, weiter für den Frieden in Kolumbien zu arbeiten, wozu für ihn auch ein humanitäres Abkommen über einen Gefangenenaustausch zwischen der Guerrilla und der Regierung in Bogotá gehöre.



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