Samstag, 14. Juli 2007

Blitz-Rückführung aus Karibik war keine Entführung

Im Sommer 2006 haben Zürcher Polizisten einen mutmasslichen Anlagebetrüger aus der Dominikanischen Republik in die Schweiz geholt. Legal, wie jetzt das Bundesgericht entschied.
Bei der unkonventionellen Aktion habe es sich nicht um eine Entführung gehandelt, so die Begründung des obersten Gerichts in Lausanne.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft führt gegen den deutschen Angeschuldigten seit 2002 ein Strafverfahren. Er soll Anleger gewerbsmässig um mindestens 18,5 Mio. Euro (rund 30,6 Mio. Franken) betrogen haben.
Mehrere Mittäter wurden bereits zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Der Deutsche war bereits 2002 verhaftet worden, konnte aber fliehen. Am 9. August 2006 wurde der international gesuchte Mann in der Dominikanischen Republik festgenommen.
Der Tip war vom schweizerischen Bundesamt für Justiz (BJ) gekommen, das für den Fall einer Verhaftung ein formelles Auslieferungsgesuch in Aussicht stellte.
Am 15. August erreichte die Berner Beamten die Nachricht von Interpol Santo Domingo, dass der Mann möglicherweise in Kürze entlassen werden müsse und sofort ein Abholteam aus der Schweiz kommen solle. Am 18. August flogen deshalb kurzerhand drei Beamte der Zürcher Kantonspolizei nach Santo Domingo.
Auf dem Flughafen übergab die lokale Polizei den Deutschen formlos ihren Schweizer Kollegen, die ihn über ihre Identität und ihren Auftrag informierten. Einen Haftbefehl legten sie nicht vor, brachten aber zum Ausdruck, dass er sich nun im Gewahrsam der Schweizer Polizei befinde.
Sie flogen mit dem Deutschen, der keinen Widerstand leistete, über Madrid in die Schweiz zurück. Nach der Ankunft in Zürich wurde ihm offiziell seine Verhaftung eröffnet.
Im vergangenen Mai ersuchte der Inhaftierte um seine sofortige Entlassung, da er von der Schweiz völkerrechtswidrig entführt worden sei. Er stützte sich dabei auf ein Gutachten des Zürcher Strafrechtsprofessors Wolfgang Wohlers, der gewisse Zweifel an der Legalität der Aktion angemeldet hatte.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde des Deutschen nun abgewiesen und die Rechtmässigkeit des Schweizer Vorgehens bestätigt.
Entscheidend ist laut den Lausanner Richtern, dass die Schweizer Behörden die Souveränität der Dominikanischen Republik stets beachtet haben. Sie hätten in Absprache mit den dortigen Behörden gehandelt, ohne diese je getäuscht zu haben.
Ebensowenig sei Zwang, List, Drohung noch ein "übler Polizeitrick" angewandt worden, um des Gesuchten habhaft zu werden.
Es hätten schliesslich auch keine Anhaltspunkt für die Schweizer Behörden bestanden, dass die Dominikaner eigenes Recht verletzt hätten. Damit sei ein Hafthinderungsgrund zu verneinen, wie es in der Begründung heisst.

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